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Kolumne: Music is the key oder Geldmaschine Streamingsdienst (I)

Im ersten Teil seiner Kolumne über Streamingdienste befaßt sich Thomas Langhammer mit der Sicht der Musiker und ihren Einnahmemöglichkeiten.

Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Es bedurfte erst einer internationalen Konferenz, um einmal ungeschönt zu formulieren, dass in der Musikwelt so manches im Argen liegt. Wie unser Partnerportal TubeID berichtete, wurde auf den Wiener Tagen der Musikwirtschaftsforschung, Anfang Oktober, erstmals manch unangenehme Wahrheit öffentlich geäußert. Das man mit dem Verkauf von Tonträgern nur noch bedingt reich werden kann, ist längst kein Geheimnis mehr. Das aber auch das legale Streamen von Musik weder für Musiker noch für Streaminganbieter unbedingt ein einträgliches Geschäft ist, wurde so deutlich bisher nur selten kommuniziert.

Der ewige Teufelskreis zwischen eigene Musik machen, davon leben können müssen und bezahlbarem Management ist wahrscheinlich so alt wie die Musik selbst. Doch während früher Plattenfirmen sehr bemüht waren, Künstler zu Stars zu formen und diese dann auch zu halten, werden sie heute nur noch zum kurzzeitigen Erfolg gehypt und dann geräuschlos entsorgt. DSDS und diverse andere Castingshows sind der beste Beleg dafür.

Für viele ein kurzzeitiger Hoffnungsschimmer waren die vor wenigen Jahren aufkommenden Streamingdienste, wie beispielsweise Spotify. Dieser in Stockholm gegründete Dienst gehört hierzulande zu den bekanntesten und ist mit seiner fast 8-jährigen Existenz einer der ältesten Anbieter.

Sicht der Künstler

Die anfängliche Euphorie bei vielen Musikschaffenden über die Streamingdienste wich relativ schnell. Mitte 2013 sorgte beispielsweise der Radiohead-Frontman Tom Yorke für Wirbel, als er im Guardian ankündigte, seine neue Band „Atoms for peace“ von Spotify abzuziehen. Wörtlich wurde er zitiert mit „New artists get paid fuck all with this model.” Die Mitautorin des 80er Jahre Hits “Heaven is a Place on Earth” von Belinda Carlisle, Ellen Shipley, wurde noch konkreter. Dem Business Insider gab sie zu Protokoll, dass ihr Pandora für 3 Mio. Plays dieses Songs gerade einmal 40 US-$ ausbezahlt habe.

Erhebliche Unterschiede in Sachen Auszahlung scheint es aber auch bei den Streaminganbietern selbst zu geben. Die Cross-over-Cellistin Zoë Keating hat ihre Einnahmen aus den verschiedenen Portalen in den ersten beiden Quartalen 2013 für zwei ihrer Solo-Alben kurzerhand im Detail per Google Docs veröffentlicht. Der Guardian errechnete daraus, dass ihr für 232.000 Streams insgesamt 906,41 US-Dollar überwiesen wurden. Der größte Teil der Summe kam dabei von Spotify, welches für 201.412 Plays 808,01 US-Dollar zahlte.
Allerdings belegt die Abrechnung auch, dass Spotify mit 0,004 US-Dollar pro Stream Musiker extrem schlecht entlohnt. Streams auf Xbox Music, MediaNet oder Rhapsody sind wesentlich lukrativer. Am wenigsten bekommt man mit 0.0005 US-Dollar pro Stream bei Amazons Cloud Drive.

Legt man die von Zoë Keating veröffentlichten Werte zugrunde, so sind 5,1 Mio. Streams mit einer Vergütung von 0,4 US-Cents nötig, um als Einkommen den gesetzlichen US-Mindestlohn einer Kellnerin von jährlich 20.380 US-Dollar zu verdienen.
TheCynicalMusician.com hatte schon vor Jahren errechnet, dass in den USA ein Künstler entweder 3.871 CDs im Einzelhandel verkaufen, 12.399 Downloads auf Amazon/iTunes absetzen oder 4,05 Mio. Streams auf Spotify erzielen muss, um überhaupt den monatlichen US-Mindestlohn von 1160 US-Dollar ausbezahlt zu bekommen.

Die Jahresberichte der digitalen US-Verwertungsgesellschaft SoundExchange ermöglichen eine Einschätzung, wie hoch die Einnahmen durch Streaming- und Webcasting-Services für die Künstler insgesamt ausfallen. SoundExchange sammelt für sie die Tantiemen nicht-interaktiver Internetradios, Webcaster und Satellitenradios wie Pandora oder Sirius. Die Hälfte davon wird an die Rechteinhaber der Musik , was in der Regel die Labels bzw. Verlage sind, ausgezahlt. Die andere Hälfte geht an die über 90.000 Musikschaffenden, wobei davon wiederum 45% an die Interpreten und 5% an die Session-Musiker weitergeleitet werden. Gemäß dem Jahresbericht 2012 hat SoundExchange 507,3 Mio. US-Dollar eingesammelt und nach Abzug des Verwaltungsaufwandes 459,7 Mio. US-Dollar an die Rechteinhaber und Künstler ausbezahlt. Somit haben mehr als 90.000 Musikschaffende 229,9 Mio. US-Dollar erhalten, was wiederum einem Durchschnittswert von jährlich 2.554 US-Dollar pro Bezugsberechtigtem entspricht. Wenn man nun im günstigsten Fall davon ausgeht, dass 20% der Musikschaffenden, also rund 18000, 80% der Webcasting-Tantiemen (183,9 Mio.US-Dollar) erhalten, so verdient eine “Upper-Class”-Künstler im Schnitt 10.218 US-Dollar. Die 80% “Lower-Class”-Künstler (72.000) müssen sich dann den Rest von 46 Mio. US-Dollar teilen, was 639 US$ pro Bezugsberechtigtem ergibt. Allein von den Streaming-Einnahmen kann also kaum einer leben.

Im zweiten Teil der Kolumne in der kommenden Woche schauen wir dann einmal auf die Sichtweise der Plattenlabels.

Beitragsbild: Thomas Langhammer