Longboardtour-Selbstversuch

“Wenn ich noch ein Longboard sehe, dann schreie ich.” - mein Longboardtour-Marathon

Was passiert, wenn man die gesamte Longboardtour ohne Unterbrechung schaut? So einiges. Redakteurin Louise hat sich für euch 13 Stunden lang die Longboardtour reingezogen und alles dokumentiert.

Das da oben auf dem Bild bin ich. Oder besser: Das, was von mir nach der zweiten Etappe meines 13-stündigen #Longboardtour-Video-Marathons noch übrig ist. Aufgenommen wurde das Foto letzte Woche, da war Christi Himmelfahrt und somit frei - das hieß für mich, dass ich diesen freien Tag einzig und allein damit verbringen würde, mir zum ersten Mal die komplette Longboardtour anzusehen – jeden der vierzig Tage (und auch Tag 0) abwechselnd von zwei Teilnehmern - das sind etwa 13 Stunden Videomaterial. Damit das Ganze allerdings nicht zu langweilig wird, würde ich mir die Videos ohne Unterbrechung reinziehen. Und wenn ihr mich jetzt für verrückt haltet - kann ich euch versichern - mit diesem Gedanken seid ihr definitiv nicht allein. Auf die Frage, was meine Familie und mein menschliches Umfeld wohl davon halten, kann ich nur sagen, dass die Mehrheit mich nach der Aktion als hoffnungslosen Fall abgeschrieben haben.

“Wenn wir sterben, seid ihr live dabei.” - Dner

Ich beginne mein Experiment gegen halb neun beim Frühstück. Während sich Cheng, Ju, Dner und Unge also auf den Weg nach Sylt machen, frage ich mich noch, was denn eigentlich so schlimm daran sein kann, ein paar Stunden (den ganzen Tag) damit zu verbringen, den Jungs dabei zuzusehen wie sie mit ihren Boards Deutschland durchqueren. Wie habe ich mich nur getäuscht.

Schon am ersten Tag der Longboardtour, es hätte nicht schöner sein können, fordert die Marathon-Aktion ihr erstes Opfer: Mein MacBook Pro. Während die Jungs Sylt verlassen, will ich, um die ganze Tour mithilfe von Koffein zu überstehen, ein allseits bekanntes, braunes Erfrischungsgetränk öffnen. Das entscheidet sich, aufgrund von physikalischen Unstimmigkeiten, allerdings dafür, zu explodieren. Direkt über meinem heißgeliebten MacBook, das in einer Fontäne aus klebrigem Softdrink badet. Es hat die Aktion überlebt. Jedenfalls bisher. Das war dann doch das erste Mal (und definitiv nicht das letzte Mal während dieses „Experiments“), dass ich mich ernsthaft gefragt habe, auf was ich mich da zur Hölle eigentlich eingelassen habe.

Simons Unfall an Tag sieben erinnert mich an meinen eigenen Longboard-Unfall, das war auch so ein Scheiß. Mitleid durchflutet mich, aber nicht nur für Simon, vor allem auch für Ju, dessen Knöchel Probleme bereitet (auch davon kann ich ein Lied singen). Wenig später beschließe ich dann, beiden den Preis für die beste Hintergrundmusik zu verleihen. Eindeutig. Was ich allerdings von Unges eigener Lieddichtung (“hu ha hu ha hu hu” oder so ähnlich), seinem “Entspannungs-Longboard-Lied”, halten soll, weiß ich nicht.

Weitere Tage der Tour ziehen an mir vorbei und immer mit dabei: Fans. Viel Gekreische. Viele glückliche Fans, die alles unterschreiben lassen, was sie gerade so bei sich tragen - sämtliche Kleidungsstücke, Longboards, Motorräder, sich selbst, Smartphones, Smartphone-Hüllen. Einfach alles. Und warum muss man denn eigentlich in Tränen ausbrechen, wenn man einem der Jungs begegnet? Warum? Auch eine Gruppe von Rentnern scheint unter den Fans der Vieren zu sein. Begeistert rufen die nämlich “#Longboardtour” in die Kamera, träume ich? Es ist 13:41 Uhr, wohl eher nicht, irgendwo im Anfangsstadium eines Deliriums befinde ich mich da trotzdem schon.

„Dner, was hält uns auf der Longboardtour auf?“ - „Ähhm, Dings. Nichts.“

Am Anfang der zweiten Etappe tauchen dann die ersten existenziell wirklich wichtigen Fragen auf, wie die nach dem richtigen Fortbewegungsmittel für die Jugend von heute: Roller? Seit wann sind Roller die neuen Skateboards? Seit wann tricksen die Kids von heute lieber auf dem Roller als auf dem Skateboard? Ich verstehe die Welt nicht mehr und kann gar nicht sagen, wie entsetzt ich über diese neue Tatsache bin.

Dner verliert sein Portemonnaie und für mich ist das wie ein Déjà-vu. Ich weiß, wie das ist, wenn man sein Portemonnaie verliert. Er hat’s wiedergefunden. Ich nicht immer. Kurz danach kommt meine Schwester vorbei - ich hoffe auf Mitleid angesichts meiner Situation. Aber nein, kein Mitleid für mich, stattdessen badet sie in Selbstmitleid. Ich zitiere: „Ich hab’ keinen Bock, ich hab’ keinen PC, ich hab’ kein Leben.” - jeder Deutschlehrer würde sich an dieser beispielhaften Verwendung eines rhetorischen Parallelismus im echten Leben erfreuen.

Ich hasse Dners Hintergundmusik. Hasse sie. Außerdem revidiere ich mein anfängliches Urteil zu Simons Untermalungsmusik - ich weiß nicht, was ihn zu diesem “Oppa-Gangnam-Style-Super-Mario-Mix” getrieben hat. Mich hat es jedenfalls in den Wahnsinn getrieben.

Als Fans Unge dann den selbstgebackenen, veganen Kuchen vorbeibringen, bin ich mir nicht so sicher, ob ich das essen würde. Bei sowas muss ich immer an Harry Potter und Romilda Vane denken, die Pralinen mit ‘nem Liebestrank versetzte, um sich an Harry ranzumachen (Für die, die’s wissen wollen - Teil sechs: “Der Halbblutprinz”). Aber wir leben nun mal nicht in Harrys Welt samt Hogwarts, der Winkelgasse, dem verbotenen Wald und Hogsmeade. Leider.

Was ich von der Etappe gelernt habe: Wer verfolgt andere Menschen im Schwimmbad und noch weiter, wenn man sieht, dass sie bereits vor einem flüchten? Antwort: Leute, die absolut kein Empfinden für die Privatsphäre fremder Menschen besitzen, beziehungsweise es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, arme YouTuber durch Schwimmbäder zu jagen. Des Weiteren (Fun Fact!) gab es zum Zeitpunkt der Longboardtour mindestens 34 Fanfictions über Cheng und Dner. Mittlerweile sind es garantiert mehr, allerdings sind es so oder so eindeutig zu viele. Und sollte ich jemals den Wunsch verspüren, Minecraft im Real Life zu zocken, besorge ich mir einfach Lego Duplo. Außerdem spricht so gut wie jeder Mensch, den ich kenne, Magdeburg falsch aus. Merkt euch: Es heißt Magde-burg und nicht Maag-de-burg. Ebenso empfehle ich nicht, sich so wie Cheng und Dner vor der Polizei zu verstecken und den Freund (in diesem Fall Simon) auflaufen zu lassen, obwohl das durchaus amüsant war.

Die perfekte Foltermethode

Ich kann nicht sagen, ob ich erleichtert bin, weil die Hälfte rum ist oder ernüchtert, da mir noch 20 Tage bevorstehen und die ersten 20 Tage nicht unbedingt leicht waren. So langsam ist der Tiefpunkt erreicht. Ich entscheide, dass es in jedem Kino eine Rutsche geben sollte und lasse mich einlullen von dem Geräusch, das die Reibung zwischen Longboardrollen und Asphalt erzeugt. Das ist verdammt beruhigend.

Es ist 18 Uhr und jetzt ist der Punkt erreicht. Endgültig. Der Punkt, an dem ich das ungefilmt-Intro dann doch regelrecht zu hassen beginne und das, obwohl ich den Song “pre-Longboardtour-Marathon-Erfahrung” eigentlich mochte. Ich stelle mir die ultimative Foltermethode vor: ein zehnstündiges Mash-Up aus Dners Hintergrundmusik, dem ungefilmt-Intro UND, um das Ganze für mich noch grausamer zu machen, dem Intro des ROADTR7Ps, auf das ich mittlerweile ebenfalls allergisch reagiere, seit ich mir die kompletten 14 Tage des ROADTR7Ps am Stück reingezogen habe, um meinen Rückblick schreiben zu können (und ja, um auch wirklich NICHTS zu verpassen, habe ich jedes einzelne Video von jedem einzelnen Teilnehmer angesehen. Überlegt euch mal, wie man sich fühlt, wenn man diesen Intro-Song in einer Nacht rund 80 Mal hört).

Dann fängt Simon an, davon zu reden, dass so eine Longboardtour vielleicht jedes Jahr in einem anderen Land stattfinden könnte. Ich bin mir gerade nach etwa neun Stunden durchgehendem Zuschauen nicht mehr so sicher, was ich davon halten soll. Ein altes, weises (nicht sehr altes und auch nicht sehr ernstgemeintes) Sprichwort der Longboardtour besagt: “Musst du schon früh wandern, ist der Tag scheiße.” Ich sage: “Verbringst du den ganzen Tag damit, YouTubern bei ihrer Longboardtour zuzusehen, dann ist der Tag auch irgendwie scheiße.”

Es gibt meiner Meinung nach zwei Sorten von Menschen: Die, die Flips mögen und die, die sie bis auf den Tod nicht ausstehen können. Ich gehöre zur letzteren Sorte. Eigentlich. Als mein anfänglicher Nervennahrungsvorrat sich gegen Ende der dritten Etappe bedrohlich dem Ende zuneigt, mache ich mich auf die Suche nach was anderem Essbaren. Nach verzweifelter zehnminütiger Suche finde ich nichts anderes außer - richtig - Flips. Mehrere Stunden Longboardtour scheinen meine Geschmacksnerven erheblich zu beeinträchtigen - auf einmal schmecken die Flips nicht mehr so schlecht.

Der Teil, an den ich mich nicht mehr wirklich erinnern kann

Es ist 19:18 Uhr als die letzte Etappe für mich beginnt, ich sitze seit knapp zehn Stunden vorm Laptop und das macht sich jetzt bemerkbar. Den Unterschied zwischen einer normalen Coke und einer Zero habe ich noch nie herausgeschmeckt. Dass ich den Unterschied zwischen einer Coke und einer Mezzo Mix jedoch nicht mehr bemerke, ist dann aber doch ein bisschen zu viel des Guten. Außerdem tut mir alles weh und erster Sekundenschlaf setzt immer wieder ein.

Ich finde heraus, wie Dners Hintergrundmusik heißt (“Rainy Days 2″ von Gareth Johnson, hier für die, die das Ganze nicht grausam finden oder als Foltermethode gegen mich einsetzen wollen) und google die direkte, vertikale Länge Deutschlands von Nord nach Süd (876 Kilometer), währenddessen tauchen schon wieder Leute vorm Hotel der Jungs auf, also entweder sind die schwerhörig oder einfach nur dämlich.

Danach starre ich nur noch auf den Bildschirm, befinde mich irgendwo zwischen Delirium und absoluter Verzweiflung - von der Tour bekomme ich nichts mehr mit. Aus meinem komatösen Zustand befreit mich eine Salami-Pizza - allerdings auch nur für sehr kurze Zeit, dann schlafe ich ein. Die vorher zusammengestellte Playlist läuft weiter, aufwachen tue ich gegen sechs Uhr morgens und kann nicht mehr einschlafen. So viel dazu.

Wenn ich demnächst noch ein Longboard sehe, dann schreie ich

Zuallererst möchte ich sagen: Eine echt krasse Tour. Cheng, Dner, Ju, Unge - meinen vollen Respekt dafür. Ständig am Limit, es war bestimmt nicht einfach und das Ganze war eine unglaublich geile Aktion von euch, die ich extrem feiere. Dner und Simon - jetzt muss ich was zu eurer Hintergundmusik und meinen teilweise ausschweifenden Hasstiraden sagen, und zwar, dass es mir leid tut (trotzdem möchte ich die beiden Songs nie wieder hören). Cheng und Ju, ihr habt da den besten Job gemacht. Jedenfalls für mich und unter dem Gesichtspunkt, dass ich die Songs praktisch in Dauerschleife 13 Stunden lang hören musste.

An die einzelnen Etappen der Tour erinnere ich mich nur verschwommen, dafür erinnere ich mich aber umso besser an einige der Werbespots, die vor den Videos gezeigt wurden: “The courage to say Sì” (Giorgio Armani, sehr bedeutungsschwanger) , “trivago weiß alles über Hotels” für Bangkok und New York (N.Y. gefiel mir besser, war so schön romantisch), der Trailer zu “A World beyond” (George Clooney mit Denkermiene), der Game-of-Thrones-Audible-Werbespot (“Heute hören, wer morgen stirbt”) und eine Skatewerbung von Element, die habe ich allerdings ganz schnell geskipped, zu dem Zeitpunkt hatte ich bereits keinen Bock mehr auf Boards.

Ich habe festgestellt, dass es durchaus Leute gibt, die an Flughäfen stundenlang warten, ganze Inseln durchqueren und mit dem Longboard, Fahrrad, Auto oder auch Roller (so sehr mir der jetzt widerstrebt) stundenlang durch die Gegend fahren, nur um ihre Idole zu treffen. Außerdem frage ich mich immer noch, was zur Hölle so schwer daran zu verstehen war, dass die Jungs verständlicherweise keine Fans vorm Hotel haben wollten. Und wer ist eigentlich so dreist und ruft da auch noch an? Einige dieser Fragen werde ich mir wohl nie beantworten können. Die gehen einfach über mein menschliches Verständnis hinaus.

Zum Abschluss kann ich nur sagen, dass ich selbst auch skate, sollte ich in nächster Zeit allerdings nur noch ein einziges Brett auf Rollen sehen - dann schreie ich.

Falls euch das Ganze hier gefallen hat und ihr Interesse daran habt, dass ich oder jemand anderes aus der Redaktion sich nochmals so eine Binge-Watching-Aktion antut (es gibt ja noch den SnowTrip, die Mansion, alle Folgen Let’s Draw…) - sagt uns Bescheid, entweder direkt hier in den Kommentaren oder über irgendeine Social Media-Plattform - ihr habt die Wahl - wir sind auf Twitter und auch auf Facebook.

Beitragsbild von Mara Westermann




  1. Jacob Jabornig

    Hey, ich finde es interessant und würde auch gerne noch so ein Artikel über sowas lesen. :)
    Let’s Draw wäre irgendwie übertrieben da die Apes sowieso nur mehr rumschreien, aber The Mansion wäre cool. ;)

  2. pixelbrille

    Das hast du ja heldenhaft durchgestanden, sehr cool!
    Ich wär schon für die Let’s Draws am Stück, am Anfang waren die ja noch wesentlich unaufgeregter - und hey, es sind ja nur etwas mehr als 60 Videos… :D


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