Kolumne: Das Votingsystem des Webvideopreises
Nachdem Kollegah in drei Kategorien den Webvideopreis für sich entscheiden konnte, gab es vermehrt kritische Stimmen gegen das Votingsystem. Grund genug sich dieses etwas genauer anzugucken.
Bei der Verleihung des Webvideopreises am vergangenen Samstag waren nicht alle mit der Vergabe der Preise zufrieden. Insbesondere, dass der Rapper Kollegah in ganzen drei Kategorien gewann, sorgte in der Community für Unmut und warf in den Augen vieler ein schlechtes Licht auf die ansonsten gute Veranstaltung. Insbesondere wurde kritisiert, dass es beim Votingsystem nur um die Reichweite der Nominierten ginge, welche im Fall Kollegah durch seine Bekanntheit als Rapper und Youtuber mit mehr als 1,5 Millionen Facebookfans und mehr als 500 000 Abonnenten auf Youtube natürlich sehr groß war.
Das diesjährige Votingsystem
Beim diesjährigen Voting wurden die Preise gleichberechtigt von der Community und der Academy vergeben. Die Community konnte dafür in zwei Votingrunden für ihre Favoriten in den 13 Kategorien abstimmen. Zuerst wurden dafür in der ersten Votingrunde, die mehr als 7000 Einreichungen auf sechs nominierte Videos pro Kategorie reduziert, bevor die Community über die nominierten Videos im finalen Voting für ihre Favoriten abstimmen konnte. Dabei konnte jeder Internetnutzer täglich für seine Favoriten abstimmen sowie einmalig durch das Teilen auf Facebook, Twitter oder Google+ zehnfach für seine Favoriten voten.
Bekanntere Nominierte waren klar im Vorteil
Die Nominierten benötigten also eine starke und vor allem große Community um möglichst viele Stimmen für ihre Video zu sammeln. Bekannte Webvideostars waren hierdurch erheblich im Vorteil. So konnten sie unabhängig von der inhaltlichen Qualität ihrer eingereichten Videos deutlich leichter Votes sammeln, als nicht minder schlechte, aber eher unbekanntere und hierdurch weniger reichweitenstarke Nominierte. Somit zählte beim Communityvoting, bei dem ja immerhin zu 50 Prozent über die Gewinner entschieden wurde, nur die quantitative Reichweite der Nominierten und nicht die Qualität der Videos, worum es ja eigentlich bei einem Webvideopreis gehen sollte. Dies zeigte sich dann auch beim Webvideopreis, wo es kaum Überraschungen gab und bis auf wenige Ausnahmen die reichweitenstärksten Nominierten die Preise für sich entscheiden konnten.
Weniger Votes bei großem Einfluss
Genau wie bei den Communityvotes, entschieden auch die Votes der Academy zu 50 Prozent über die Gewinner des Webvideopreises. Die Academy bestand dabei dieses Jahr aus einer Vielzahl an Gewinnern und Nominierten der letzten Jahre, wie beispielsweise Y-Titty, Gronkh oder LeFloid. Insgesamt bestand die Academy beim Webvideopreis 2014 aus 67 Mitgliedern, die zusammen für 50 Prozent aller Votes verantwortlich waren. Gegenüber den einzelnen Communityvotes hatten die einzelnen Votes der Academymitglieder somit einen weitaus größeren Einfluss auf die Preisvergabe.
Mehr Qualität oder mehr Quantität
Somit erfolgte die Preisvergabe nur durch die Reichweite der Nominierten und die Entscheidung der Academy. Die Qualität wurde dabei vor allem beim Communityvoting fast komplett vernachlässigt, sodass unbekanntere Nominierte kaum eine Chance hatten. Natürlich waren auch bei den Gewinnern qualitativ hochwertige Videos dabei, doch gab es eine Vielzahl an ebenfalls qualitativ hochwertigen Videos, die es gar nicht erst in die zweite Runde des Votings schafften oder durch geringe Reichweite nicht Ansatzweise eine Chance hatten den Communityvote für sich zu gewinnen. Dies zeigte also, dass das Votingsystem noch lange nicht ausgreift ist und auf jeden Fall überarbeitet werden sollte.
Alternativen, wie eine unabhängige Jury, die nach klar festgelegten Kriterien, die besten Videos bestimmt ist oder der Ausschluss von Youtubern mit kommerziellen Hintergrund, sind dabei meiner Meinung nach allerdings keine gute Optionen. Gerade in der Webvideoszene ist die Community mit das Wichtigste, sodass es falsch wäre diese bei einer Preisverleihung wie dem Webvideopreis komplett auszuschließen. So wie es dieses Jahr gelaufen ist, ist es meiner Meinung nach dennoch falsch. Es kann nicht sein, dass bekannte Nominierte einen so großen Einfluss auf das Endergebnis haben, dass weniger reichweitenstarke Nominierte gar keine Chance mehr haben und somit die Qualität der Videos oder die Relevanz dieser für die Webvideoszene nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Inwiefern man das Votingsystem also ändern sollte, ist somit ein schwieriges Unterfangen und wird wohl wie dieses Jahr auch in Zukunft nicht 100 Prozent perfekt oder fair werden.
Verbesserungsvorschläge
Ein Ansatz wäre vielleicht die Macht der Community einzuschränken, indem diese beispielsweise nur in den ersten Votingrunden für ihre Favoriten abstimmt und die Gewinner dann in einer finalen Votingrunde von einer unabhängigen Jury nach festgelegten Kriterien entschieden werden. Außerdem wäre die Rückkehr zu einem getrennten Jury- und Publikumspreis oder mehr Kategorien, in denen nur die Jury entscheidet, Alternativen. Wir dürfen also gespannt sein, in welche Richtung das Votingsystem nächstes Jahr geht.
Beitragsbild: EWVA/Flickr