Internationale Funkausstellung - IFA 2014
Thomas Langhammer zieht ein Résumé aus seiner Zeit auf der IFA 2014 und beleuchtet diese auch aus Sicht der Webvideoszene.
Eine der ältesten Industriemessen Deutschlands und zugleich eine der größten Messen der Welt – die IFA – zog wieder hunderttausende Besucher in die Messehallen unter dem Berliner Funkturm. Auch in ihrem 90. Jahr hat die IFA nichts von ihrem Reiz verloren, auch wenn sie je nach Betrachtungsweise inzwischen einige Federn lassen musste.
1924 erstmals veranstaltet, war die IFA immer wieder der Innovationsmotor, vorrangig für die Unterhaltungsindustrie. Hier fanden die ersten Rundfunk- und Fernsehliveübertragungen statt (1926 beziehungsweise 1928), das erste Autoradio wurde 1932 hier vorgestellt und 1935 das erste Tonbandgerät. 1971 hatte bei der IFA der Videorecorder seine Premiere und zehn Jahre später bestaunten die Besucher die erste CD. Was heute kaum noch jemand weiß: Bereits 1983 wurde das erste 3D-Fernsehen auf der IFA präsentiert. Bis heute hat es sich nicht durchgesetzt. Das erste hochauflösende HD-Fernsehen konnte man bereits 1985 auf der Funkausstellung bestaunen. Es sollte fast 30 Jahre dauern, bis dieses auch im letzten deutschen Wohnzimmer Einzug halten konnte. Die ersten digitalen Flachbildschirme wurden 1997 vorgestellt. Die ersten internetfähigen Fernsehgeräte kamen 2001.
Mit weit über 250.000 Besuchern gilt die IFA als größte Fachmesse der Welt für Consumer-Elektronik. Mit dem Bau des Samsung City-Cube wuchs die Ausstellungsfläche 2014 noch einmal um 12.000 qm auf insgesamt fast 150.000 qm. Rund 1.500 Aussteller präsentierten insgesamt ihre Produkte.
Das große Thema der IFA 2014 war die Vernetzung. Entsprechend vielfältig waren auch die vorgestellten Produkte. Diese reichten von der neuen Smartwatch von Sony mit integrierten Mediaplayer bis hin zu Kühlschränken, welche selbstständig Waren nachbestellen, was nun mittlerweile Serienreife erreicht hat.
In Sachen Fernsehen war 4K das Nonplusultra. Die vierfache HD-Auflösung ist zweifellos was feines, denn sie bringt aufgrund der höheren Pixelzahl eine faszinierende Tiefenschärfe mit sich. Die Frage dabei ist, inwieweit man das tatsächlich im heimischen Wohnzimmer braucht. Ob man jede Hautunreinheit und jedes graue Haar seiner Fernseh- bzw. später dann auch Youtubehelden im kleinsten Detail betrachten können muss, lasse ich mal dahin gestellt.
Für Kinoproduktionen ist 4K allerdings tatsächlich eine Innovation, denn normales HD gibt es im Kino schon seit Jahrzehnten. Das bereits 1893 erfundene 35-mm-Format, auf dem unzählig viele Kinofilme gedreht wurden und werden, entspricht nämlich quasi einer Full-HD-Auflösung.
Nachdem der Google-Fernseher vor zwei Jahren gnadenlos floppte, präsentierte Philips den ersten TV auf Android-Basis. Allerdings ist die Anzahl der Modelle mit der Smart-Oberfläche noch überschaubar. Da die Symbiose von herkömmlichem Fernsehen und WebTV immer weiter voranschreitet, wird sich auf diesem Gebiet bis zur IFA im kommenden Jahr noch einiges tun.
Die auf der IFA vorgestellten Android-Fernseher verfügten schon jetzt über zahlreiche Apps und sahen vielversprechend aus. So konnten beispielsweise Youtube, Spotify, Netflix, Facebook oder Skype aus dem Stand problemlos angewählt werden.
Auch Webvideo war auf der Funkausstellung vertreten, allerdings wie so oft eher stiefmütterlich behandelt. Das messelive.tv berichtete per Webstream über den gesamten Ausstellungszeitraum umfangreich und live von der IFA.
Ähnlich ging es auch dem traditionellen IFA Messeradio. Seit dieses auf den Empfangsweg DAB+ umgelegt wurde, findet es praktisch nicht mehr öffentlich statt, denn wenn irgendetwas seit Jahren ein Rohrkrepierer ist, dann ist es DAB, welches irgendwann das herkömmliche UKW-Radio ersetzen soll. Einen Livestream des IFA-Messeradios suchte man im übrigen vergeblich.
Insgesamt ist die IFA nach wie vor einen Besuch wert, insbesondere für Technik-Fans. Auch Youtuber kommen dabei auf ihre Kosten, denn von vielen technischen Innovationen profitieren letztlich auch sie. Zahlreiche Promis und Musiksternchen gaben sich auf der Messe die Klinke in die Hand. Während beispielsweise Sido und Miss Platnum im IFA-Sommergarten ordentlich einheizten, schrieb Farid Bang in der Messehalle fleißig Autogramme. Der gesamte Konzert-Marathon im Sommergarten wurde davon unabhängig von Radio Fritz per Webvideo-Livestream übertragen.
Negativ anzumerken wäre, dass die IFA auch in diesem Jahr das gesamte Feld Webvideo nur am Rande behandelt hat. Da gäbe es noch manche Verbesserungsmöglichkeit. Auch die sogenannte „Young IFA“-Halle, welche sich vorrangig an das junge Publikum richtet, war aus meiner Sicht eher eine Enttäuschung. Geile Livemusik, Cosplay-Meisterschaften, Hip-Hop-Convention und Games academy sind zwar gut, aber gerade da, wo sich zum Beispiel Berührungspunkte mit aktuellen Technikentwicklungen und Internetaktivitäten wie eben Webvideo und ähnliches anbieten, fehlten sie völlig. Da mussten interessierte Jugendliche auf dem Gelände schon selbst auf die Suche gehen.
Die altehrwürdige ARD war ebenfalls in Sachen Jugend aktiv, auch wenn das mit der Bluebox des alten Tagesschau-Studios nicht immer so klappte, wie man sich das vorgestellt hatte.
N24 und n-tv, welche neben der ARD als einzige Fernsehsender direkt vertreten waren, boten interessante Einblicke in ihre Arbeitsweisen. Trotz vieler anderslautender Behauptungen innerhalb der Webvideoszene, unterscheiden sich diese zumindest auf der professionellen Ebene nicht mehr gravierend von denen in einem richtigen Fernsehstudio.
Für alle, die nicht nur Youtube-Junkies sind, sondern auch Interesse an der Technik hinter dem Oberbegriff Film haben, ist die IFA noch immer die erste Anlaufstelle und wird es wohl auch bleiben. Nirgendwo sonst treffen Macher und Nutzer auf so ungezwungene Art und Weise aufeinander wie in den Messehallen unter dem Funkturm in Berlin. Anregende Fachgespräche, zahlreiche Fachvorträge und zugleich lockere Unterhaltung in der richtigen Mischung - das ist genau das, was die IFA seit vielen Jahrzehnten ausmacht. Davon war selbst ein gewisses Kastenbrot felsenfest überzeugt.
Das nächste für die Szene interessante Event dürfte die International Games Week sein, welche Ende April 2015 nach Berlin zurückkehrt und vermutlich auf dem Messegelände unter dem Funkturm stattfinden wird. Sie wird der Nachfolger der bisherigen Deutschen Gamestage sein.
Beitragsbilder: Thomas Langhammer