Concrete Wave Skateshop

„Der Shop ist teilweise richtig zur Pilgerstätte geworden“ – Concrete Wave im Interview

Sie haben die Longboard-Tour unterstützt und vertreiben die begehrten Unge- und Spielkind-Boards: Wir haben mit Heiko von Concrete Wave in Köln geredet und für Euch nachgefragt, welche Nachwehen die Kooperationen mit den YouTubern hinterlassen haben.

Broadmark: Ihr seid ja nun mit der bekannteste Skateshop Deutschlands – jedenfalls YouTube-Deutschlands – was sicherlich auch durch die Longboard-Tour so kam. Habt ihr die Tour denn selbst auch verfolgt?

Heiko: Also ich hab’ ab und an mal reingeguckt, aber nicht jeden Tag die Videos verfolgt. Dafür fehlt mir leider die Zeit.

Broadmark: Ihr habt die Tour unterstützt - die Boards kamen von euch und ihr habt die Jungs auch unterwegs mit Ersatzteilen beliefert. Hättet ihr damit gerechnet, dass die Sache so ein Erfolg wird und solch eine Medienaufmerksamkeit erhält?

Heiko: Nein, auf gar keinen Fall. Dass es ganz gut wird, da hatte ich schon mit gerechnet  Aber dass es so krass ist, damit hätte ich im Leben nicht gerechnet. Vor allem der “Rattenschwanz”, der danach kam.

Broadmark: Habt ihr denn vorher schon von der YouTube-Szene gewusst?

Heiko: Ja so ein paar Monate vorher, nämlich genau als Simon und Felix hier vor dem Laden ein Foto gemacht haben und mich bei Instagram verlinkt haben und ich dann über Nacht so 2000 bis 3000 neue Follower hatte. Und da hab ich dann mal geguckt, wer ist das überhaupt, was ist das überhaupt und da bin ich erst da herangekommen. Vorher hab ich von dem ganzen noch NIE gehört. Ich kannte die beiden nicht, hatte noch nie was von Let’s Plays gehört und dann hab’ ich mich natürlich mal d’rum gekümmert.

Broadmark: Der “Rattenschwanz”, den du gerade erwähnt hast und der dann danach kam, hat den Umsatz also deutlich gesteigert. Habt ihr auch gemerkt, dass die Kundenstruktur sich verändert hat?

Heiko: Ich sag’ immer gern, vor fünf Jahren waren Longboards so ein “Alte-Herren-Brett”, für Leute Ü25, die kein Skateboard mehr fahren wollten. Da gab’s keinen der zwölf war und ein Longboard haben wollte. Das gab’s nicht, die wollten ein Skateboard haben. Und das hat sich komplett gewandelt. Dadurch ist eben die ganze junge Käuferschaft dazugekommen und dadurch haben wir natürlich auch mehr Kunden. Früher war es so die Altersklasse 20 bis 40 und jetzt hast du Kunden von 10 bis 40 und das ist eine riesige Menge. Das ist der Hauptunterschied. Das Publikum ist viel, viel jünger geworden in den letzten Jahren. Ich schätze, durch die Tour und YouTube an sich, haben wir einen Umsatzzuwachs von 20 bis 30 Prozent gehabt.

Broadmark: Und seht ihr den Leuten, die durch eure Tür kommen, schon an, ob sie durch die ganze YouTube-Sache zu euch finden?

Heiko: Direkt sieht man das eigentlich nicht. Klar, alle die unter 16 sind, da kann man sich das fast denken, aber das kann man nicht so von vorneherein sagen. Viele erzählen dann aber davon, so „Das hab ich auf YouTube gesehen“ oder wenn sie da das Foto sehen von der Longboard-Tour (Anm. d. Red.: Im Laden hängt ein Foto der Jungs von der Tour mit Unterschriften.), dann erkennen sie das halt.

Broadmark: Glaubt ihr, dass viele jüngere Käufer die Boards nur wegen ihrer Idole kaufen und sie dann nach ein paar Wochen ungenutzt in der Garage liegen lassen, weil es doch keinen Spaß macht?

Heiko: Klar, das wird mit Sicherheit manchmal so sein. Aber auf der anderen Seite sagen auch viele Eltern, dass sie das super finden. Da haben die Kids vorher nur vorm Rechner gesessen und sich Videos angeguckt und jetzt wollen sie ein Board haben, damit sie draußen mit ihren Kumpels durch die Gegend fahren können. Deshalb unterstützen das viele Eltern, weil sie sagen, die sind an der frischen Luft und nicht mehr nur vorm Rechner. Und wenn auch nur 20 oder zehn Prozent dabei bleiben, dann ist das doch super.

Broadmark: Viele der neuen Käufer sind dann relativ jung und da ist so ein Longboard nicht mal eben vom Taschengeld bezahlt. Darum werden sie wahrscheinlich stets von ihren Eltern begleitet. Sind diese dann oft überrascht und unvorbereitet?

Heiko: Ne, das sind ja alles dann Eltern, die irgendwo zwischen 35 und 50 Jahre alt sind und dann auch im Vorfeld gucken, was das so kostet. Wir haben selten Eltern hier, die schockiert sagen: „Was über 100 Euro für so ein Board? Ne, ne, ich kauf’ da lieber eins im Tchibo für 79,90 Euro.“ Die meisten wissen schon ungefähr, was das kostet und die Kids wissen auch ganz genau, wenn sie so ein Unge- oder Dner-Board wollen, wie viel das kostet.

Broadmark: Wo wir gerade bei den Unge- und Dner-Boards sind, die gibt es ja seit einigen Monaten. Verratet ihr uns, wie viele ihr bisher davon verkauft habt?

Heiko: Ne, ne, das weiß niemand (lacht). Also die gibt es jetzt seit Mitte Dezember 2014, da kamen die ersten. Die erste Charge waren 400 Boards und danach haben wir auf jeden Fall noch ein paar mehr bestellt.

Broadmark: Und die verkaufen sich dann auch wie Bananen im Osten?

Heiko: Also wenn die online gehen, sind innerhalb von einer Stunde alle verkauft. Bis jetzt war das jedes Mal so. Ich schreibe das dann auf die Homepage oder poste ein Foto bei Instagram oder Twitter und dann sind die im Nu weg.

Broadmark: Es gab ja teilweise auch Kritik: “Ihr bestellt die gar nicht nach, die sind immer so schnell weg, das geht gar nicht.” Was sagt ihr dann dazu?

Heiko: Das Ding ist halt, die Bretter werden in einer sehr kleinen Firma in Tschechien gebaut; die werden da produziert, die bauen die da selbst zusammen, die Rollen kommen auch daher. Es ist von der Qualität also wirklich ein Top-Produkt, das ist nicht irgend’ so ein China-Ramsch, wo ich mal sagen kann, ich hätte gern 5000 Stück und die habe ich nach drei Monaten hier liegen. Wenn die mal 100 Stück machen, dann brauchen die da auch zwei Wochen und deswegen kann ich nicht einfach so sagen, ich nehme jetzt mal 1000 Bretter mehr. Ich hätte Weihnachten bestimmt 5000 Boards verkaufen können, ich hatte aber nur je 200. Im Endeffekt war das halt so, als wenn AC/DC in einer Halle spielt, wo nur 200 Leute reinkönnen. Es gab da ein riesen Chaos, aber wir konnten halt einfach nicht mehr machen. Die ersten paar Tage hat das Telefon 24 Stunden Sturm geklingelt. Das war Mitte Dezember und alle wollten das zu Weihnachten, es gab aber einfach nur 400 Stück. Damit hätte echt keiner gerechnet.

Broadmark: Wenn mich Freunde besuchen, aus Berlin oder Stuttgart zum Beispiel, wundern sie sich immer, wie viele Boards hier unterwegs sind. Ist Köln in Sachen Longboard wirklich ein Vorreiter, vielleicht auch durch die YouTuber?

Heiko: Also ich glaube nicht durch die YouTuber, aber Köln war schon immer eine Skateboard-Hochburg und Longboards gibt’s hier schon immer. Ich hab mein erstes Longboard 2001 gekauft, da war das völlig normal. Das gab’s hier schon immer, auch durch die Sporthochschule in Köln und sehr viele Leute, die surfen. Wir machen das hier seit zehn Jahren und verkaufen seit zehn Jahren Longboards. Natürlich verkaufen wir heute am Tag mehr als damals im ersten Quartal. Und Köln ist halt fast immer ganz gerade. Stuttgart ist eher ein Loch – entweder du kannst richtig gut fahren oder du lässt es am besten.

Broadmark: Wie sieht es mit eurem Einzugsgebiet aus, habt ihr auch Kunden außerhalb von Köln?

Heiko: Wir haben Leute aus einem Umkreis von 200 km hier, vielleicht auch noch mehr. Für die YouTuber-Boards sind teilweise Leute aus München oder Berlin angereist. Da waren wirklich Leute hier, die haben erzählt, sie hätten sich morgens um fünf Uhr ins Auto gesetzt. Einer war zum Beispiel aus Rosenheim hier oder aus Brandenburg oder Hamburg, nur um dieses Brett zu kriegen, weil sie wussten, an dem Tag haben wir ein paar Stück hier. Online gab’s keine mehr, da haben sie angerufen und eins reserviert. Das sind natürlich Einzelfälle, aber ein bis zwei Stunden Anfahrt haben wir oft hier - auch früher schon, weil wir eben die größte Auswahl haben.

Broadmark: Vielen Dank für das Interview!

Besucht Concrete Wave online auf http://www.concretewave.de/ oder schaut im Shop vorbei!

 

Beitragsbild von Lisa Haala




  1. Martin Soerne

    Nach einem Viertel Jahrhundert Einheit immer noch von “wegen Bananen schlangenstehenden Ossis” zu schreiben, zeugt nicht gerade von einem erweiterten Horizont, oder journalistischen Feingefühl.
    Was bekommt man denn an der Uni heute für Geschichtskenntnisse vermittelt Lisa Haala?

    Schon in Ostdeutschland, speziell in ostdeutschen Supermärkten unterwegs gewesen? Mitbekommen dass die 4 Jungs auf ihrer kräftezehrenden Tour auch in Ostdeutschland nicht auf hochwertige Lebensmittel verzichten mussten?


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