Depressionen. Ein Video, das zum Nachdenken anregt
Das kanadische Filmteam „RedStain Production“ aus Regina produziert in regelmäßigen Abständen Kurzfilme zu diversen sinnstiftenden Kontexten. Sonja Sanagou hat sich mit dem Video zum Thema „Depression“ im Zusammenhang mit Social Media auseinander gesetzt.
Zusammenfassung: Der Hauptdarsteller Parminder Singh (besetzt von Mandeep Singh Dhillon) ist selbstmordgefährdet und leidet an einer extremen Depression. Eines Tages jedoch trifft der Protagonist ein hübsches Mädchen auf Facebook, das sein Leben völlig aus den Fugen bringt.
Ein Mann mit Depressionen
Auf der Bildfläche erscheint ein junger Mann, der in der Küche Zwiebeln schneidet. Doch nach einem kurzen Moment hält er inne, betrachtet das Messer und schnitzt sich damit in den Arm. Ein schneller Cut. Anscheinend war diese Szene bloß reine Einbildung, denn eine Wunde fehlt und Parminder schüttelt lediglich gedankenverloren den Kopf. Doch der Zuschauer ahnt bereits in den ersten Sekunden, dass etwas mit dem Akteur nicht stimmen kann. Diese schlimme Vorahnung bestätigt sich auch mit den nächsten Szenen.
In diesen wird eine unaufgeräumte, gar zugemüllte Wohnung erkennbar. Man fragt sich unwillkürlich, weshalb ein Mensch unter solchen Umständen leben möchte oder eher wohnen kann. Auf eine mögliche Antwort muss der Zuschauende nicht lange warten. Am Kühlschrank hängt nämlich Post, die dem Zuschauer direkt ins Auge springen muss, weil in fetten, roten Lettern etwas geschrieben steht, was kein Mensch der Welt, der vier Wände sein Eigen nennen darf, lesen möchte: „Notice of eviction“ (Räumungsbefehl) und „Final notice of payment“ (letzte Zahlungsabmahnung). Aber wieso lässt eine Person es soweit dazu kommen, sein Domizil, seinen natürlichen Rückzugsort aufs Spiel zu setzen? Was waren die Ursachen dafür?
Ungeregelter Tagesablauf und fehlender Halt
Parminder sitzt 24/7 antriebslos in der Stube. Sein Tag läuft routiniert ab. Nach dem Aufstehen gibt es ein Essen, anschließend wird nur gezockt und ferngeschaut. Freunde oder soziale Kontakte sind nicht vorhanden. Selbst ein verzweifelter Versuch auf Facebook, im gesellschaftlichen Leben wieder Fuß zu fassen, geht vollkommen schief. Niemand will mit ihn ins Kino gehen, weil einfach kein Interesse besteht mit dem jungen Mann auszugehen. Man kann sich daher sicherlich sehr gut ausmalen, dass eine derartige Situation einen Menschen in die Einsamkeit treiben muss und auf dumme Ideen bringt.
Anstatt sich seiner Familie mitzuteilen, die er scheinbar vermisst, – wie aus einem Facebook-Post hervorgeht, welcher ausschließlich für ihn sichtbar ist – bleibt der Protagonist lieber für sich allein. Sind Scham und Angst, von seiner Verwandtschaft verstoßen zu werden, da er zur Zeit in einer misslichen, vielleicht selbstverschuldeten Lage steckt, seine Beweggründe? Darüber kann nur spekuliert werden. Fakt ist allerdings, dass Parminder lieber zu anderen Mitteln greift, um der Realität zu entfliehen.
Eine gefährliche Bekanntschaft
Jazz Randhawa ist seine neue Facebook-Bekanntschaft, die Parminder geaddet hat, nachdem er sie in der Freundesliste eines Kumpels entdeckt hat. Er findet sie äußerst attraktiv, nett und fasst schnell Vertrauen zu ihr. Sie tauschen sich viel aus und dies führt dazu, dass der einst von Motivations- und Antriebslosigkeit geprägte Mann sich in ihrer Gegenwart endlich wertgeschätzt und angenommen fühlt. Mit neuer Energie räumt er um sich herum auf, geht an die frische Luft und wirft sogar seine Medikamente weg, die ihn zuvor am Leben gehalten haben. Alles könnte für Parminder so positiv weitergehen, doch das Schicksal in Form seines weiblichen Kontakts meint es nicht gut mit ihm. Was mit Parminder im weiteren Verlauf des Kurzfilmes passieren wird, soll hier nicht verraten werden, das könnt Ihr euch gerne selbst anschauen.
Kritiken
Veröffentlicht wurde das Video zwar Ende 2013, nichtsdestotrotz hat seine Thematik und die Message, die hinter dem Kurzfilm stecken, nicht an Aktualität und Relevanz eingebüßt. Auf der einen Seite verdienen Social Media-Plattformen einen dicken Daumen nach oben dafür, dass sie Individuen mit anderen Personen verbindet und zum persönlichen Austausch anregen, doch auf der anderen Seite können sie auch einen Menschen, der bereits depressive Züge aufweist, unzufriedener, kränker machen. Weiteres zu diesem Thema dazu gibt es auf dieser Seite.
Dass ein schwieriges Thema in gerade einmal zwölf Minuten behandelt wird, polarisiert selbstverständlich. Einige Zuschauer sehen zum Beispiel in den Film lediglich eine Facette der Depressionskrankheit, weswegen der Titel eventuell unpassend ist und unbedingt umbenannt werden muss. Andere wiederum finden – unabhängig von dem vorher genannten Fakt – den Film in seiner Machart gelungen und wurden durch diesen dabei emotional angesprochen.
Beitragsbild von RedStain Production
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