“Ich will noch zwei Alben produzieren” - Vincent Lee im Interview
Einer der Künstler, die sich an der #Halloweek beteiligen, ist Vincent Lee mit “Sounds of Fear”. Neben YouTube hat er noch Frau und Kind - und einen Hauptjob. Wie er den, YouTube und sein Privatleben unter einen Hut bekommt und ob er mit YouTube Geld verdient, verriet Vincent Lee Broadmark im Interview.
Broadmark: Wie viel Zeit investierst Du pro Woche in die Produktion von Musik?
Vincent Lee: Hauptberuflich bin ich Fachinformatiker, also speziell in der IT eines Unternehmens tätig. Ich fange um neun Uhr an zu arbeiten und bin dann um 19 Uhr zu Hause. Die Musik mache ich ausschließlich als Freelancer, also danach. Meistens sitze ich nachts noch bis zwei Uhr daran.
Broadmark: Ist es bei Dir also wie bei vielen anderen YouTubern, dass Du YouTube irgendwie in Deinen Wochenplan neben der Arbeit reinquetschst, obwohl die Woche auch so schon voll genug wäre?
Lee: Genau, ich versuche aber umso mehr, unter der Woche alles für YouTube zu erledigen, damit ich am Wochenende die Zeit für meine Familie habe. Mein Hauptwohnsitz ist Trier, aber meine Arbeitsstelle ist in Köln. Viele Fragen auch, warum ich nicht mit meiner Frau zusammenwohne. Das kommt durch den Beruf. Köln ist eben eine Medienstadt und Trier eher weniger. Ich versuche schon, es immer mehr auf die Musik zu biegen. Definitiv ist Musik meine Leidenschaft. Ich sehe auch einfach das Feedback. Die Leute wollen immer mehr, ich komme wegen meines Jobs aber auch einfach nicht hinterher.
Broadmark: Verdienst Du denn mit YouTube selbst Geld, oder verdienst Du maximal dadurch, dass Du mit den Veröffentlichungen für professionelle Produktionen interessanter wirst?
Lee: YouTube selbst ist eher ein Taschengeld, also dafür kann ich zweimal Essen gehen, gut essen gehen sogar. Vor allem komme ich dadurch mehr an Offline-Jobs oder auch an Aufträge für YouTuber. Entweder haben die YouTuber selber etwas Budget und buchen mich oder die Projekte sind so super, dass ich sage, ich mache das so.
Broadmark: Du hast mit 4 Jahren schon Schlagzeug gespielt, mit 7 Jahren bekamst Du Deine ersten Klavierstunden und mit 16 bist Du in Deiner Region mit einer Rockcoverband getourt, bis sie sich auflöste. Wie ging es dann weiter?
Lee: Danach habe ich mich sehr aufs Aufnehmen und Produzieren beschränkt. Die größte Freude habe ich daran, die Musik zusammenzumixen. Dann habe ich angefangen, die Musik auf YouTube zu stellen, um als Musiker wahrgenommen zu werden. Ja gut, ich habe dann eben den Stempel als YouTuber aufgedrückt bekommen. Was soll man machen (lacht herzlich). Es ist natürlich auch eine Zeitfrage, Videos zu produzieren.
Broadmark: Ist es als YouTube-Musiker ein Muss, sich auch seine Musik-Videos zu produzieren?
Lee: Muss nicht, aber um die Reichweite zu erhöhen, ist es schon von Vorteil. Ich persönlich bin gar nicht der Typ, der sich vor die Kamera stellt, aber ich habe mir gedacht, ich muss das ändern. An den VideoDays bin ich erst aufgefallen, als ich mit meinem Instrument an den Schlangen vorbei gegangen bin. Zuerst tuschelten alle, wer das bloß sei, bis irgendwer meinte: “Das ist Vincent Lee, der immer die geniale Musik macht.” Die anderen Leute hatten einfach kein Gesicht dazu. Eigentlich war das auch die Idee, aber für YouTube ist es einfach wichtig, als Marke aufzutreten.
Broadmark: Meinst Du wie im „Einfach Tanzen“? Das war eine Kooperation mit dem Musiker „Nizar“, der Dir im Video seinen Song zeigen will. Wie hoch war der Aufwand bei dem Video?
Lee: Einen Song, den mache ich in etwa 2-3 Tagen, wenn ich daran konzentriert arbeite. Für das „Einfach tanzen“-Video musste ich zusätzlich erst einmal die Leute zusammenbekommen. Kameramänner auch, das waren zwar gute Freunde, aber die sind auch sehr eingespannt, weil sie auch für richtig große YouTuber arbeiten. Da das Budget nicht so viel hergibt, muss man sich dann Leute suchen, die gegen Erwähnung dabei sind. Das ist, was ich abgesehen von Geld anbieten kann.
Broadmark: Fewjar hat zu seinem letzten Album ja richtig aufwändige Videos produziert und dann noch einmal Roomsessions angeboten.
Lee: Das war auch richtig genial gemacht. Klar, wenn man das Team hat, oder sie selbst das Team sind, ist das natürlich super. Aber für mich als One-Man-Band ist es natürlich schwieriger zu realisieren - alles auch so umzusetzen, wie ich mir das vorstelle.
Broadmark: Empfindest Du es als Musiker organisatorisch als Overkill, zusätzlich zur Musik noch Videos produzieren zu müssen um erfolgreicher zu werden?
Lee: Mit einem Videoteam noch dabei hast Du auf YouTube auf jeden Fall gewonnen. Bei YouTube hast Du aber die Freiheiten und musst nicht bei einem Label punkten, das im schlimmsten Fall noch meint, Du bringst es eh nicht. Auf YouTube gibt es zwar auch ein paar nicht so coole Produktionen, aber die sind dafür viral. Das ist ja das Unglaubliche, die sind dann einfach so schlecht, dass sie jeder sieht. Die Wahrscheinlichkeit, auf YouTube als Musiker durchzustarten, ist also viel höher als in der Offline-Welt.
Broadmark: Unter Deinen Songs sind auch einige Remixe. “Clarity” feat. Foxes zum Beispiel oder „Füße hoch“ von den Apecrimes. Wie hoch ist der Anteil der Musik, den Du selbst produzierst?
Lee: Ich bin absolut keiner der Musiker, die covern, das gibt es bei mir nur sehr selten. Und die Remixe nenne ich zwar so, aber im Grunde nehme ich nur die Vocals und den Rest baue ich komplett selber. Das kommt dann entweder schlechter oder besser an, von den Rückmeldungen aber meistens besser noch als das Original.
Broadmark: Was ist Dein Versprechen an die Zuschauer, warum sollte man Dich abonnieren? Ist Dein Kanal nur etwas für YouTuber, die Musik für ihre eigenen Kanäle brauchen?
Lee: Einerseits ja, aber andererseits gibt es auch einfach nur Zuschauer. Die machen sich eine Playlist und hören sich das an, auf der Arbeit oder zuhause. Ein Zuschauer hat mir geschrieben, er hat es auf einem Geburtstag laufen lassen und alle haben die Musik gefeiert. Über so ein Schneeballprinzip komme ich zu Zuschauern.
Broadmark: Was ist Dir für die Kommunikation mit Deiner Community wichtig?
Lee: Auf jeden Fall sollte man nicht herablassend auf Leute schauen. Se sind es, die dir schreiben „wir finden Dein Material super“. Wenn man auf Kommentare antwortet, freuen sie sich, das bindet ja auch. Die Leute geben ja auch Feedback zu Deiner Musik. Sie werden Dir dann weiterhin folgen und wenn Du es nicht machst, dann schauen sie es sich vielleicht nur einmal an.
Broadmark: Was sind Deine nächsten Projekte?
Lee: Ich wollte noch zwei Alben produzieren, so für mich.
Broadmark: Zwischen Mittag und Abendessen, ne?
Lee: (lacht) Wahrscheinlich. (lacht). Nein, das ist eher für mich, es soll digital sein, es soll nicht unbedingt etwas dabei reinkommen. Das ist für mich eher eine To-Do-Liste, einfach, was ich gemacht haben will. Mir ist egal, ob Leute das dann feiern oder nicht. Es steht auch gerade ein ganz großes Filmprojekt an, ein Star-Wars-Fanfilm, für den ich die Musik produziere. Das wird sehr aufwändig, mit vielen Special-Effects und schon fast auf Hollywood-Niveau. Der Teaser dazu ist auch auf meiner Internetseite veröffentlicht, die Musik hat bereits jetzt eingeschlagen. Was YouTube angeht, bin ich sehr gespannt, wie die #Halloweek einschlägt. Das ist eine Videowoche zum Thema Halloween, zu der ich mit anderen YouTubern gemeinsam Videos veröffentliche.
Beitragsbild von Vincent Lee
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Pete Nele